"Ihre Majestät hätten vor Empörung über die Raufereien am Ort des Geschehens geschrien, denn die Truppen schlugen unnötig und in erschreckender Weise auf die Menschen ein (...)". Diese Zeilen schrieb Joseph II. (13.03.1741-20.02.1790), an seine Mutter Maria Theresia, Regentin von Österreich, nach einem Ereignis in Frankfurt, wo er 1764 zum römisch-deutschen König gekrönt wurde.
Joseph war ein der Aufklärung verschriebener absolutistischer Herrscher, der gemäß seines Leitspruches "Alles für das Volk, aber nichts durch das Volk“ nach Reformen strebte und einen moderneren Staat etablieren wollte. Am Hof seiner Schwester Maria Antonia, besser bekannt als Marie Antoinette, letzte Königin Frankreichs, konnte er am Vorabend der Revolution erahnen, was es bedeutet,wenn ein Volk sich erhebt.
Also machte er sich unter falschem Namen auf die Reise durch sein Herrschaftsgebiet, traf Anghörige des Adels, aber auch einfache Leute, besuchte Fabriken, Gefängnisse und Krankenhäuser.
Nachhaltig beeindruckt schaffte er u. a. die Leibeigenschaft der Bauern ab, verbesserte das Gesundheitswesen und reformierte das Strafrecht. Trotz aller Bestrebungen war er doch ein Alleinherrscher, der z. B. eine Geheimpolizei einsetzte, die Menschen bespitzelte, der Alltag der Untertanen wurde von einer Vielzahl starrer Regeln eingeschränkt, und die gewährte Pressefreiheit wurde nach kurzer Zeit wieder aufgehoben.
Durch den Widerstand der alten konservativen Kräfte sah er sich gezwungen, einige seiner Reformen kurz vor seinem Tod wieder zurückzunehmen. Monika Czernin nimmt den Leser mit auf diese Reisen und zeigt einen polarisierenden Monarchen und Menschen, der seiner Zeit voraus war und den Boden für künftige Umwälzungen ebnete. Meisterlich versteht sie es, uns diesen Mann und seine Epoche näherzubringen, ohne zu langweilen oder sich im Akademischen zu verlieren.